Mietzahlungspflicht und Lockdown?

Im Rahmen der von den Landesregierungen angeordneten Schließungen in Einzelhandelsgeschäften stellte sich mehrfach die Frage, ob der gewerbliche Mieter auch während einer behördlich angeordneten Betriebsschließung zur Zahlung der vollen geschuldeten Gewerbemiete verpflichtet ist. 

 

Die Landgerichte Heidelberg und Frankfurt am Main hatten zuvor in zwei Urteilen zum gewerblichen Mietrecht entschieden, dass sich bei der staatlich zur Eindämmung der Pandemie verordneten Schließung des Einzelhandels das Betriebsrisiko des Mieters verwirklicht und somit weiterhin die volle Miete geschuldet ist. Das Landgericht München hingegen kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Schließung im Rahmen des behördlich angeordneten Lockdowns unter Umständen um einen Mangel der Mietsache handeln kann.

 

Diese Rechtsfrage hatte auch das Oberlandesgericht Dresden beschäftigt. Das OLG Dresden entschied, dass die durch die Corona-Pandemie verursachte staatliche Schließungsanordnung für ein im Rahmen des Mietzwecks betriebenes Geschäft keinen zur Minderung der Miete führenden Mangel darstellt. Das OLG Dresden ging davon aus, dass es sich vielmehr um eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrages handelt. 

Eine angeordnete Betriebsschließung könne regelmäßig zur Anpassung des Mietvertrages dahingehend führen, dass die vertraglich vereinbarte Kaltmiete für den Zeitraum der Schließungsanordnung auf die Hälfte reduziert wird.

Da sowohl die Mieterin als auch die Vermieterin mit dieser Entscheidung des OLG Dresden nicht einverstanden waren, musste sich der Bundesgerichtshof mit der der Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung befassen.

 

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.01.2022 (Az. XII ZR 8/21) entschieden, dass im Falle einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommt.

 

Die auf der Allgemeinverfügung der Landesregierung beruhende Betriebsschließung stellt jedoch nach Auffassung des Bundesgerichtshofes keinen Mangel in Sinne des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Dies ergibt sich daraus, dass die staatliche Anordnung der Betriebsschließung nicht unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts im Zusammenhang steht. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft nach Auffassung des Bundesgerichtshofes nämlich ausschließlich an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr des Einzelhandels an.

Zu beachten ist allerdings, dass nach Auffassung des Gerichts die Betriebsschließung und damit der Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht automatisch zu einer Anpassung der Mietzahlungspflicht führen. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch im Fall einer behördlich angeordneten Betriebsschließung einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

Insbesondere kann die von der Vorinstanz angenommene Vertragsanpassung dahingehend, dass nur die Hälfte der Miete geschuldet ist, nicht als allgemein verbindlich herangezogen werden. Vielmehr muss eine umfassende und auf den Einzelfall bezogene Abwägung durchgeführt werden. Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahme der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

 

Nach alledem führt auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht dazu, dass allgemein verbindlich davon ausgegangen werden kann, dass im Falle eines Lockdowns Mietzahlungen nicht geschuldet sind bzw. reduziert werden können.

 

Wir beraten Sie in diesem Zusammenhang gerne.