Rechtsprechung des BGH zum Zahlungsverkehr: „Geld-zurück-Garantie“

In zwei neueren Entscheidungen des BGH vom 02.06.2015 und 16.06.2015 bereitet der BGH einer jahrzehntelangen Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Rückabwicklung fehlgeschlagener Zahlungsvorgänge (hoffentlich) ein Ende.

 

Zahlungsvorgänge oder Überweisungen können aus den verschiedensten Gründen fehlerhaft sein, z.B. durch Angabe eines falschen Zahlungsempfängers, Ausführung einer Überweisung trotz Widerrufs des Kunden, Fälschung der Unterschrift des Kontoinhabers oder versehentliche Nichtbeachtung des Widerrufs einer Kontovollmacht. In allen Fällen stellt sich die Frage, wie einzelne Zahlungsvorgänge im Verhältnis der Beteiligten zueinander rückabzuwickeln sind. Typischerweise wirken an einer Überweisung (stark vereinfacht) drei Beteiligte mit, der Zahlende/Kontoinhaber, dessen Bank/Zahlungsdienstleister und der Zahlungsempfänger z.B. ein Handwerker. Mit einer Überweisung erfolgt in der Regel eine Zahlung/Leistung des Kontoinhabers aufgrund einer Verpflichtung gegenüber dem Zahlungsempfänger z.B. dem Handwerker. Die Bank überweist den Rechnungsbetrag an den Zahlungsempfänger aufgrund eines Zahlungsauftrags des Kontoinhabers und belastet im Gegenzug das Konto des Kontoinhabers mit dem Gegenwert. Erfolgt nunmehr die Überweisung z.B. durch die Ehefrau, obwohl der Ehemann ihr die Kontovollmacht entzogen hatte oder dieser den Überweisungsauftrag gegenüber der Bank vor dessen Ausführung wegen angeblich mangelhafter Handwerkerleistungen widerrufen hatte, so stellt sich immer die Frage, darf der Geldempfänger das Geld behalten oder muss er es zurückgeben an die Bank oder den Zahlenden?

 

Bis zum Inkrafttreten der EU-Überweisungs- und -zahlungsverkehrsrichtlinie versuchte die Rechtsprechung diese Problematik anhand der gesetzlichen Regelung des Auftrages (§ 666 BGB), des Dienstleistungsvertrages (§ 675 BGB) und des § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) zu lösen. Die Lösungen waren kasuistisch und teilweise recht zufällig. Kannte der Handwerker z.B. den Widerruf der Kontovollmacht oder des Überweisungsauftrages nicht, so sollte er aufgrund des gesetzten Rechtsscheins die Zahlung behalten dürfen. Durch die vorgenannte EU-Richtlinie haben sich die drei Paragraphen auf EU-typische Weise mehr als verzehnfacht. Allein der § 675 BGB mit drei Absätzen hat sich wundersam vermehrt in die § 675 a bis z BGB, jeweils mit vielen Absätzen. So gibt es jetzt u.a. auch einen § 675 u BGB, der besagt:

 

Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorganges hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten.

 

Im Ansatz hatte der BGH bereits eine Rechtsprechung entwickelt, die im Kern dieser Bestimmung entspricht und kurz wie folgt zusammengefasst werden kann:

 

Führt die Bank einen Überweisungsauftrag des Kunden aus, der von dessen Willen nicht gedeckt ist, ist sie auch nicht berechtigt, dessen Konto zu belasten. Die Bank hat in diesem Fall gegen den Zahlungsempfänger einen Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung.

Ausnahmen von diesem Grundsatz machte die Rechtsprechung dann, wenn der Kontoinhaber einen ihm zurechenbaren Rechtsschein gesetzt hat und der Zahlungsempfänger aus seiner Sicht einen Anspruch auf den Zahlbetrag hatte.

 

§ 675 u BGB stellt nunmehr allein auf den Zahlungsauftrag des Kontoinhabers an die Bank ab. § 675 u BGB spricht insoweit von einer nicht autorisierten Zahlung, d.h. einer Zahlung, der keine rechtswirksame Anweisung zugrunde liegt. In den beiden vorgenannten Fällen waren die Zahlungen nicht autorisiert, die Kontovollmacht bzw. der Überweisungsauftrag waren jeweils widerrufen und somit nicht mehr vom Willen des Kontoinhabers gedeckt. § 675 u BGB begründet demgemäß im Verhältnis Bank - Kontoinhaber zu Gunsten des Kontoinhabers in allen Fällen einer nicht autorisierten Zahlung eine Art „Geld-zurück-Garantie“.

 

Die Bank darf das Konto des Kontoinhabers nicht belasten und hat umgekehrt gegen den Zahlungsempfänger einen Zahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 812 BGB ff. Ist der Zahlungsempfänger zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig trägt die Bank die Gefahr, dass sie ihren Rückzahlungsanspruch nicht mehr realisieren kann. Umgekehrt steht der Handwerker als Zahlungsempfänger gegebenenfalls vor der misslichen Situation, dass er Geld an die Bank zurückzahlen muss obwohl er gegen den Kontoinhaber aufgrund mangelfrei durchgeführter Leistungen tatsächlich einen Zahlungsanspruch hat.

 

Fazit: Man kann es nicht allen recht machen!