OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. März 2014-4U 153/12
(Vorhergehend LG Offenburg, Urteil vom 23.05.2012 - 5 O 79/10 KFH)
- Die zum Kernbereich des Straßenbauerhandwerks gehörenden Tätigkeiten sind nicht der Ausführung durch einen auf dem Gebiet des Garten- und Landschaftsbaues tätigen und nicht mit dem Straßenbauerhandwerk in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerbetreibenden entzogen. Wenn das Anlegen von Wegen und Plätzen im Zusammenhang mit landschaftsgärtnerisch geprägten Anlagen steht, gehören Wege und Plätze unabhängig vom dabei verwendeten Material einschließlich Unterbau und Nebenarbeiten dann zum Berufsbild des Garten-und Landschaftsbauers, sind typischer Bestandteil in einer derartigen Anlage und können auch von einem Landschaftsgärtner ausgeführt werden.
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Die Außenanlagen dienen nicht lediglich der Erschließung oder der Schaffung von Stellplätzen oder Zufahrtswegen. Sie sind nicht bloße Umrandung oder Eingrünung der Verkehrsflächen.
- Der Flächenverteilung zwischen gärtnerisch gestalteten, d.h. bepflanzten Flächen und sonstigen, insbesondere Weg-und Parkplatzflächen, kommt in diesem Zusammenhang keine maßgebliche indizielle Bedeutung zu. Es gilt ohnehin kein starrer Maßstab. Wesentlich ist vielmehr die planerisch umgesetzte Konzeption. Auf die Kostenrelation zwischen gärtnerisch gestalteten und sonstigen Flächen kommt es nicht an. Diese lässt keine hinreichend fundierten Schlüsse auf das äußere Erscheinungsbild der Anlage zu.
- Die Ausschreibung der Entwässerungs- und Dränarbeiten bewirkt keinen Verstoß gegen Vorschriften der Handwerksordnung.
(Die vorstehenden Leitsätze wurden von uns gebildet. Es handelt sich nicht um amtliche Leitsätze.)
Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch im Überschneidungsbereich der Berufsbilder des Straßenbauers und des Garten- und Landschaftsbauers
Die Abgrenzungsproblematik zwischen dem nicht handwerklichen Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaues und dem Straßenbauerhandwerk ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und im Gefolge auch in der Rechtsprechung der Strafgerichte seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.03.1993 (1 C 26.91) weitgehend geklärt: Das Anlegen von Wegen und Plätzen im Zusammenhang mit landschaftsgärtnerisch geprägten Anlagen gehört danach zum Berufsbild des Garten- und Landschaftsbauers, wobei für die Frage, ob eine landschaftsgärtnerische Prägung vorliegt, auf den Gesamtcharakter der Anlage abzustellen ist. Unerheblich ist dabei, ob Erd- und Pflasterarbeiten einerseits und gärtnerische Arbeiten andererseits getrennt ausgeschrieben werden.
In dem jetzt vom OLG Karlsruhe in 2. Instanz rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreit versuchte der Kläger, ein gemeinsamer Verband von Baugewerbe und Bauindustrie in Baden-Württemberg, nunmehr über das Wettbewerbsrecht vor den Zivilgerichten den Tätigkeitsbereich der Fachbetriebe des Garten- und Landschaftsbaues einschränken zu lassen: Die Teilnahme des beklagten Garten- und Landschaftsbaubetriebes an einer Öffentlichen Ausschreibung für Verkehrswegebauarbeiten im Rahmen der Neugestaltung von Freianlagen, einem zukünftigen Campus-Gelände mit Promenade und Campus-Park, sollte dem beklagten Betrieb wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Handwerksordnung als wettbewerbsrechtlich relevanter Rechtsbruch untersagt werden, ebenso die Ausführung der ausgeschriebenen Einzeltätigkeiten. Unstreitig ist der beklagte Betrieb nicht in der Handwerksrolle für Straßenbau eingetragen. Die Ausschreibung enthält Abbrucharbeiten, Erd- und Wegebauarbeiten, Asphaltarbeiten, Entwässerungs- und Drainagearbeiten.
Schon das Landgericht Offenburg hatte die Klage abgewiesen und stellte hierzu in bemerkenswerter Klarheit im Urteil vom 23.05.2012 (5 O 79/10 KFH) fest:
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG kann in Bezug auf die Regelungen der Handwerksordnung begründet sein, soweit die Regelungen Marktverhaltensregeln enthalten. Solche Marktverhaltensregeln sind nach Auffassung des LG Offenburg durch den beklagten Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit der Teilnahme an der Öffentlichen Ausschreibung für die genannte Freianlage nicht verletzt worden.
Zum einen scheitere der Unterlassungsanspruch daran, dass das konkrete Gewerk eine auch landschaftsgärtnerische Prägung hatte. Ziel und Zweck der Marktverhaltensregeln bestehen nicht darin, einen Wettbewerb mit Konkurrenten zu vermeiden. Vielmehr wollen die Regelungen der Handwerksordnung eine bestimmte fachliche Qualifikation sicherstellen. Das Straßenbauerhandwerk muss sich deshalb einem Wettbewerb im Überschneidungsbereich zwischen Straßenbauerhandwerk und Landschaftsgärtner stellen.
Das erstinstanzliche Urteil wurde vom OLG Karlsruhe mit den oben wiedergegebenen Kernsätzen bestätigt. Der Senat hatte sich zuvor durch Einnahme eines Augenscheins von der landschaftsgärtnerische Prägung der Anlage überzeugt.
Es kann und wird danach nicht gelingen, Betriebe des Garten- und Landschaftsbaues ausgerechnet mit den Mitteln des UWG an der Wettbewerbsteilnahme zu hindern. Im Überschneidungsbereich zwischen Straßenbauerhandwerk und Landschaftsgärtner müssen sich beide dem Leistungswettbewerb stellen.
Mit diesem Urteil ist schließlich auch für das Zivilrecht klargestellt, dass die vom Kläger genannten Einzeltätigkeiten (Abbrucharbeiten, Erd- und Wegebauarbeiten, Asphaltarbeiten, Entwässerungs- und Drainagearbeiten) nicht grundsätzlich dem Überschneidungsbereich entzogen und dem Ausschließlichkeitsbereich des Straßenbauers zuzuordnen sind. Vielmehr fallen solche Tätigkeiten eben auch in das Tätigkeitsfeld des Landschaftsgärtners. Die über die Marktverhaltensregeln erstrebte Qualitätssicherung ist eben grundsätzlich bei einem Fachbetrieb des Garten- und Landschaftsbaues auch gegeben.