Die Abgrenzungsproblematik zwischen dem nicht handwerklichen Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaues
und dem Straßenbauerhandwerk ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und im Gefolge auch in der Rechtsprechung der Strafgerichte seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom
30.03.1993 (1 C 26.91) weitgehend geklärt: Das Anlegen von Wegen und Plätzen im Zusammenhang mit landschaftsgärtnerisch geprägten Anlagen gehört danach zum Berufsbild des Garten- und
Landschaftsbauers, wobei für die Frage, ob eine landschaftsgärtnerische Prägung vorliegt, auf den Gesamtcharakter der Anlage abzustellen ist. Unerheblich ist dabei, ob Erd- und Pflasterarbeiten
einerseits und gärtnerische Arbeiten andererseits getrennt ausgeschrieben werden.
In dem jetzt vom Landgericht Offenburg entschiedenen Rechtsstreit versuchte der Kläger, ein gemeinsamer Verband von Baugewerbe und
Bauindustrie in Baden-Württemberg, nunmehr über das Wettbewerbsrecht vor den Zivilgerichten den Tätigkeitsbereich der Fachbetriebe des Garten- und Landschaftsbaues einschränken zu lassen: Die
Teilnahme des beklagten Garten- und Landschaftsbaubetriebes an einer Öffentlichen Ausschreibung für Verkehrswegebauarbeiten im Rahmen der Neugestaltung von Freianlagen, einem zukünftigen
Campus-Gelände mit Promenade und Campus-Park, sollte dem beklagten Betrieb wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Handwerksordnung als wettbewerbsrechtlich relevanter Rechtsbruch untersagt
werden, ebenso die Ausführung der ausgeschriebenen Einzeltätigkeiten. Unstreitig ist der beklagte Betrieb nicht in der Handwerksrolle für Straßenbau eingetragen. Die Ausschreibung enthält
Abbrucharbeiten, Erd- und Wegebauarbeiten, Asphaltarbeiten, Entwässerungs- und Drainarbeiten.
Das Landgericht Offenburg hat die Klage abgewiesen und stellt hierzu in bemerkenswerter Klarheit im Urteil vom 23.05.2012 (5 O
79/10 KFH) fest:
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG kann in Bezug auf die Regelungen der Handwerksordnung begründet sein, soweit die Regelungen
Marktverhaltensregeln enthalten. Solche Marktverhaltensregeln sind nach Auffassung des LG Offenburg durch den beklagten Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit der Teilnahme an der Öffentlichen
Ausschreibung für die genannte Freianlage nicht verletzt worden.
Zum einen scheitere der Unterlassungsanspruch daran, dass das konkrete Gewerk eine auch landschaftsgärtnerische Prägung hatte.
Ziel und Zweck der Marktverhaltensregeln bestehen nicht darin, einen Wettbewerb mit Konkurrenten zu vermeiden. Vielmehr wollen die Regelungen der Handwerksordnung eine bestimmte fachliche
Qualifikation sicherstellen. Das Straßenbauerhandwerk muss sich deshalb einem Wettbewerb im Überschneidungsbereich zwischen Straßenbauerhandwerk und Landschaftsgärtner stellen.
Für die Frage, ob der Landschaftsgärtner gegen Marktverhaltensregeln verstoßen hat, ist für das Landgericht Offenburg entscheidend
allein, ob der konkrete Auftrag nach seiner konkreten Ausgestaltung insgesamt Leistungen erfordert, die nicht mehr den Überschneidungsbereich zwischen den Tätigkeiten des Straßenbauers und dem
Landschaftsgärtner betreffen, sondern insgesamt Leistungen erfordern, die ausschließlich von einem Straßenbauer erstellt werden können.
Bei der streitgegenständlichen Ausschreibung sah das Landgericht Offenburg keine solchen ausschließlich dem Straßenbauer
vorbehaltenen Leistungen, nachdem das Gewerk in vielen Teilen landschaftsgärtnerische Aspekte aufweist, die Neugestaltung einer Freianlage betrifft, die gerade keine Kernaufgabe des
Straßenbauerhandwerks bezeichnet. Unabhängig davon stellt das Landgericht Offenburg ergänzend fest, dass die ausgeschriebenen Arbeiten auch nicht den Schwerpunkt im Straßenbau haben: Eine
Freianlage vor einem Gebäude hat nicht ihren Schwerpunkt im Straßenbauhandwerk.
Auch die vom Kläger beanstandeten Einzeltätigkeiten, die der Betrieb dann tatsächlich auch ausgeführt hat, begründen nach
Auffassung der Kammer keinen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.
Die ausgeschriebenen Abbrucharbeiten erfordern schon keine Handwerkszulassung als Straßenbauer.
Die beanstandeten Erd- und Wegebauarbeiten gehören zum Tätigkeitsfeld des Landschaftsgärtners.
Das Herstellen wasser- oder bitumengebundener Decken gehört zum Berufsbild des Garten- und Landschaftsbaues.
Das Herstellen von Asphalttragschichten ist ebenfalls nicht ausschließlich dem Straßenbauerhandwerk zugewiesen.
Entwässerungs- und Drainarbeiten sind nicht ausschließlich dem Straßenbauerhandwerk vorbehalten.
Das Urteil des Landgerichts Offenburg ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert und richtungsweisend.
Es kann und wird danach nicht gelingen, Betriebe des Garten- und Landschaftsbaues ausgerechnet mit den Mitteln des UWG an der
Wettbewerbsteilnahme zu hindern. Im Überschneidungsbereich zwischen Straßenbauerhandwerk und Landschaftsgärtner müssen sich beide dem Leistungswettbewerb stellen.
Es ist konsequent, wenn das Landgericht Offenburg im zivilrechtlichen Anspruchssystem auf den konkreten Auftrag in seiner
konkreten Ausgestaltung abstellt. Für die sich dann anschließende Frage, ob die ausgeschriebenen Leistungen im Überschneidungsbereich zwischen Straßenbau und Garten- und Landschaftsbau liegen
oder ausschließlich dem Straßenbauer vorbehalten sind, nimmt die Urteilsbegründung zu Recht wieder die Baumaßnahme insgesamt in den Blick. Das Gericht folgt damit hinsichtlich der Bewertung
wieder der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes. Maßgeblich ist die Baumaßnahme in ihrer ursprünglichen Planung und es ist unerheblich, ob die gesamte Fläche gemeinsam
ausgeschrieben wurde. Für die Bewertung des Charakters der geplanten Freianlage ist dies auch in der zivilrechtlichen Bewertung nicht maßgeblich. Für die in dieser Betrachtung maßgebliche Frage,
ob die betreffenden Leistungen im Überschneidungsbereich oder im Ausschließlichkeitsbereich liegen, wird man damit – wie in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung – auf die
landschaftsgärtnerische Prägung der Gesamtanlage abstellen müssen.
Ergänzend und unabhängig davon stellt das Landgericht Offenburg dann für die Bewertung noch darauf ab, ob die ausgeschriebenen
Arbeiten ihren Schwerpunkt im Straßenbau haben. Muss dies verneint werden, so ist damit eine weitere Begründung dafür gegeben, dass die betreffenden Leistungen eben nicht ausschließlich von einem
Straßenbauer ausgeführt werden dürfen. Mit dieser ergänzenden Begründung führt das Landgericht Offenburg ein neues Abgrenzungskriterium ein, das sich so in der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung nicht findet.
In der zivilrechtlichen Bewertung, nach der ja die Verletzung von Marktverhaltensregeln mit der Folge eines Wettbewerbsverstoßes
auf dem Prüfstand steht, werden danach Leistungen nur dann dem Ausschließlichkeitsbereich des Straßenbauers zuzuordnen sein, wenn
- die Gesamtbaumaßnahme in ihrer ursprünglichen Planung keine landschaftsgärtnerische Prägung aufweist und
- die ausgeschriebenen oder ausgeführten Arbeiten ihren Schwerpunkt im Straßenbau haben.
Ein solcher Schwerpunkt im Straßenbau war im vorliegenden Falle nicht zu erkennen.
Mit diesem Urteil ist schließlich auch für das Zivilrecht klargestellt, dass die vom Kläger genannten Einzeltätigkeiten
(Abbrucharbeiten, Erd- und Wegebauarbeiten, Asphaltarbeiten, Entwässerungs- und Drainarbeiten) nicht grundsätzlich dem Überschneidungsbereich entzogen und dem Ausschließlichkeitsbereich des
Straßenbauers zuzuordnen sind. Vielmehr fallen solche Tätigkeiten eben auch in das Tätigkeitsfeld des Landschaftsgärtners. Das Gericht leitet insbesondere aus der Ausbildungsverordnung Garten-
und Landschaftsbau ab, dass die über die Marktverhaltensregeln erstrebte Qualitätssicherung eben grundsätzlich bei einem Garten- und Landschaftsbauer auch gegeben ist.